Im Jahre 1990 veröffentlichte mein Leib-und-Magen-Singer-Songwriter Billy Joel die schlichte und geniale Ballade „And So It Goes“ über (das nicht gerade originelle aber zeitlose tragische Thema) das Ende einer Liebesbeziehung. Es ist ein Lied von der eingängigen Sorte, bei der mein schon beim ersten Hören glaubt, es zu kennen. Die Melodie ist schlicht und in C-Dur gehalten und die Harmonisierung voller Sept- und Nonen-Akkorde und sonstiger weich klingenden Dissonanzen, und insbesondere auch Vorhalte an allen Ecken, – so dass der dankbare und selbstbewusst auftretende Klavierspieler auch mit ein paar Verhauer ungeschoren davon kommt.
„And So It Goes“ hat sich inzwischen zum beliebten Chor-Stück gemausert, was mir zwar nicht so gut wie das klavierbesetzte Original gefällt, aber doch für die Qualität des Stücks spricht.
Neben der Musik an sich trägt auch der Text – so glaube ich – nicht unwesentlich zum anhaltenden Erfolg von „And So It Goes“ bei: In aller Regel stellen Billy Joels Liedtexte druckreife Gedichte dar, und dieses hier ist keine Ausnahme. Jede Strophe beinhaltet mindestens eine Zeile, die der melancholisch geneigte Zuhörer in sein liebeskrankes Herz stempeln lassen kann. Wer Englisch kann, urteile selbst:
And So It Goes
In every heart there is a room
A sanctuary safe and strong
To heal the wounds from lovers past
Until a new one comes alongI spoke to you in cautious tones
You answered me with no pretense
And still I feel I said too much
My silence is my self defenseAnd every time I’ve held a rose
It seems I only felt the thorns
And so it goes, and so it goes
And so will you soon I supposeBut if my silence made you leave
Then that would be my worst mistake
So I will share this room with you
And you can have this heart to breakAnd this is why my eyes are closed
It’s just as well for all I’ve seen
And so it goes, and so it goes
And you’re the only one who knowsSo I would choose to be with you
That’s if the choice were mine to make
But you can make decisions too
And you can have this heart to breakAnd so it goes, and so it goes
And you’re the only one who knows
Nun wäre ich nicht ich (und das wäre wirklich traurig!), wenn ich nicht versuchen würde, diesen unübersetzbaren Text doch noch irgendwie übersetzt zu kriegen – und zwar mit der Absicht, etwas wenigstens halbwegs Singbares zu erzeugen. Also habe ich mich, von Versagensängsten geplagt, mehrere Busfahrten lang reingekniet und präsentiere nun:
So Geht Das Halt
In jedem Herzen gibt es eine
Festung vor der Außenwelt
Um alte Wunden zu verheilen
Bis neue Liebe Einzug hältMein Werben, zaghaft vorgebracht
Sahst Du nicht als Beleidigung
Doch fühl‘ ich, dass ich zuviel sprach
Und schweige zur VerteidigungUnd stets wenn ich ’ne Rose hielt
So spürte ich die Dornen nur
So geht das halt, so geht das halt
Genau wie du, vermut‘ ich, baldHat Dich mein Schweigen fortgejagt
Ich würde mir das nie verzeihen
So teil‘ ich diesen Raum mit Dir
Und Dir gehört mein Herz alleinNun halt‘ ich beide Augen zu
Nach alledem, was ich gesehen
So ist das nun, so ist das nun
Die Einzige, die’s weiß, bist duGing es nach mir, ich würde tausend
Mal mit Dir zusammen sein
Doch Dir gehört die Wahl genauso
Wie mein Herz ganz Dir allein.So ist das nun, so ist das nun
Die Einzige, die’s weiß, bist du
Nun dürft ihr eure Tränen trocknen und beim nächsten Chortreffen vorschlagen, „And So It Goes“ auf Deutsch vorzutragen. Ich spende den Text und komme gerne vorbei, um mir das anzuhören!
P.S. Inzwischen habe ich den Text schon zwei Mal nachgebessert, seit ich es ihn veröffentlicht habe. Das liegt daran, dass ich zwar zuerst das Lied auf den vielen oben erwähnten Busfahrten übersetzt hatte, danach aber den Zettel mit dem Text lange Zeit ignorierte und schließlich (aus Versehen) wegwarf. Vermute ich. Auf jeden Fall habe ich ihn nicht wieder finden können, so dass ich den Text beim Verfassen diesen Artikels aus meinen verworrenen Gehirnwindungen erneut hervorkramen musste.
Noch am gleichen Abend sang ich meine Frau (die meinen Blog hartknäckig ignoriert) mit diesem Text in den Schlaf, und merkte dabei, dass etwas an der ersten Strophe nicht stimmte (der Reim auf „hält“ war falsch): Korrektur Nummer Eins. Heute, als eine knappe Woche danach, stand ich bei meinem Stamm-Discounter an der Kasse, als mir plötzlich klar wurde, warum ich das arg kitschige Wort „tausend“ in der letzten Strophe verwendet hatte (wegen Halbreim auf „genauso“): Korrektur Nummer Zwo.
Wenn der deutsche Text noch im rheinländischen Dialekt geschrieben wäre („so jehdet halt“ oder „und schunkel zur Verteidgung“ oder „so isset nu, so isset nu, mai mädsche wisset nu“ oder so ähnlich, dann könnte das ein richtiger schmachtvoller Karnevalsschlager werden… oder so…
Du bist genial! Leider ist die Musik so unkarnevalistisch. Aber das ist sicherlich behebbar 🙂
Kann das Zufall sein? Der Chor, dem ich zuweilen singend angehöre, zählt dies zu seinem Repertoire (und ich es zu meinen Lieblingsstücken). Da muss ich immer sooooooo weinen…
Juhu! Dann ab nun auf deutsch, hoffe ich (singen, nicht weinen)!
Das Lied ist aber auch echt zum Heulen…
Text korrigiert… in der ersten Zeile hatte ich „Einsamkeit“ auf „Einzug hält“ gereimt… Das sollte eigentlich „Außenwelt“ und „Einzug hält“ heißen! Peinlich, peinlich….
sehr poetisch! Schön ist es geworden 🙂
Danke!
Hehe, good job. Ich hab das mit meinem absoluten Lieblingslied, welches ganz zufälligerweise auch in englischer Sprache gesunden wird, auch schon einmal versucht.
Das Einzige, was ich an der Übersetzung (ich bin Sprachwissenschaftlerin…) problematisch finde, ist dass es „’ne Rose“ ist. Das klingt umgangssprachlich und das Sprachregister passt nicht zum Register und Stil des restlichen Texts, der sich eher ‚alt‘ liest (durch die sehr poetischen Satzstrukturen, die man mündlich so nicht verwenden würde).
ABER: Da ich auch viel mit Übersetzung zu tun hatte, weiß ich, wie schwer es ist, nur die Silbenanzahl beizubehalten, geschweige denn alle sprachlichen Ebenen so konstant wie möglich zu halten. Von daher: Es sei dir verziehen!
Danke für den Hinweis! Mal schauen, ob mir was Besseres einfällt…
Endlich eine brauchbare Übersetzung! Danke!
Gern geschehen! Hast du eine Verwendung dafür?