Unter dem Titel „Jeden Tag“ möchte ich zwei verschiedene Erkenntnisse zusammenfassen, die letzten Endes aber natürlich doch ineinander fließen. Die erste davon soll sein:
Das, was Du täglich tust, ist wichtiger als das, was du manchmal tust.
Klingt auch erst mal trivial, oder? Ist es aber nicht, wenn man beachtet, dass in der obigen Aussage keine Rede von der …, naja, von der Mächtigkeit des Tuns ist. Sondern eben nur von der Regelmäßigkeit. Exemplarisch erklärt soll das wohl heißen: Ein Lächeln jeden Tag bewirkt mehr als eine gute Tat nur ab und zu.
Was mich ja im Rahmen eines Beispiels gleich zu einem cholerischen Ex-Vorgesetzten von mir bringt (nennen wir ihn einfach mal Professor Lustig). Also, Lustig war selten lustig, sondern – fast jeden Tag – barsch, unfreundlich und ungehalten. Aber eben nicht immer, er hatte auch hormonelle Hochphasen, an denen er versuchs-und vergleichsweise witzig, kumpelhaft und fürsorglich war. Aber trotzdem mochte ihn kaum einer an der Uni. Warum? Fast jeden Tag unfreundlich trumpft eben an manchen Tagen sehr freundlich. Die Menschen in seiner Umgebung erkannten instinktiv den „Jeden-Tag“-Fall als den Normalfall, zu dem Prof. Lustig beim kleinsten Stress zurückkehren würde.
Ein weiteres sehr persönliches Beispiel: Jeden Tag fünf Minuten Muskelaufbau-Übungen auf dem heimischen Fußboden bringt viel mehr als einmal wöchentlich ins Fitness-Studio zu gehen und sich dort richtig auszupowern. Das persönliche daran? Ich gehe weder in die Muckibude noch mache ich zuhause die mir empfohlenen Rücken- und Bauchübungen, und so fühlt sich mein Körper manchmal auch an 😉
Die zweite Erkenntis ist dann:
Willst Du etwas erreichen, so arbeite jeden Tag ein bißchen daran.
Genaugenommen gehört diese Erkenntnis eher unter die Rubrik „praktische Tipps“, die allerdings (noch) nicht exisitert. Jedem, der viel schreibt, ist diese Erkenntnis natürlich wohlbekannt – man schreibt ein Buch nicht an einem Tag, auch nicht in einer Woche (und auch ein Blog entsteht Eintrag für Eintrag). Das gilt übrigens auch fürs Lesen, oder Hausrenovieren, oder… Überhaupt ist diese Aussage in Bezug auf große Aufgaben schon fast selbstverständlich, da es anders nicht geht: Rostock wurde nicht an einem Tag erbaut, und jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt.
Aber gerade für die vielen kleinen Sachen im Leben ist diese Erkenntnis überraschend hilfreich. Vermutlich hast du eine lange (womöglich virutelle) Liste mit Sachen, die du tun musst oder möchtest: die Fenster im Keller könnten mal ausgetauscht werden, du wolltest deine Versicherungen mal durchgehen, du hast dich lange nicht mehr bei manchen Leute gemeldet, die Bäder müssen gereinigt werden, usw. In dieser Liste tauchen sowohl regelmäßige Kleinigkeiten wie auch vage Zukunfsprojekte auf. Man tendiert dazu, die kleinen Sachen, die einem liegen, irgendwann hinter sich zu bringen, aber die ungeliebten und die großen und die vagen Sachen beiseite zu lassen, so dass diese eigentlich nie von der Liste verschwinden.
Da hilft: Schreibe dir großen und vagen Sachen separat auf und mache jeden Tag etwas daran. Das können auch winzig kleine Schritte sein, solange man jeden Tag ein bisschen weiter als am Vortag ist. Zum Thema Kellerfenster kann das z.B. heißen: Heute fünfzehn Minuten Internetrecherche. Morgen mit meinem Partner überlegen, welche Bekannte man dazu befragen kann. Dann einen Bekannten anrufen. Dann wieder Internet. Dann bei einer Firma anrufen. Dann zum Baumarkt gehen. Dann eine Entscheidung treffen. Dann bestellen…
Wichtig dabei ist, das man den jeweils nächsten Schritt wie auch das Ergebnis davon schriftlich festhält (und sei es auf einer Magnettafel in der Küche und auf einem Notizblock), damit man den Fortschritt irgendwo fixiert hat, sonst läuft man schon mal Gefahr, im Kreis zu laufen. Und nicht vergessen: auch Entscheidungen sind Schritte, sogar ganz wichtige.
Das gleiche gilt für die vielen ungeliebten kleinen Sachen (Schrauben sortieren, Pinselreiniger entsorgen, Blume umpflanzen, Versicherungsbeitragszahlweise umstellen). Ab damit auf eine Liste und jeden Tag eins davon abhaken!
Ein anderes Beispiel für jeden Tag ein bißchen wäre auch hier wieder das mit dem Muskelaufbau, aber das lasse ich lieber. Außerdem möchte ich jetzt fernsehgucken, denn Serien kriegt man auch nur Tag für Tag, Episode um Episode geschafft!
Also, lächelt eure Nachbarn an, macht zehn Liegestützen und Schwerter zu Flugzeuge oder Pferde zu Heerscharen oder was immer auch und lasst es euch gut gehen!
Für das, was ich am liebsten täglich mache, hat man inziwschen ein schönes Fremdwort entdeckt, nämlich die Prokrastination. Das hört sich wesentlich klüger an als das simple Aufschieben oder „vor sich her schieben“ und verleiht dem ganzen eine gebildete Note. Ich prokrastiniere alle notwendigen Dinge und stelle hinterher fest, dass sie entweder gar nicht notwendig waren, sich von selbst erledigt haben oder immer sie noch vor mir her schiebe. Immerhin erledigt sich auf diese Art und Weise mindestens die Hälfte aller prokrastinierten Dinge. Und um ein allgemeines Negativbild von sich selbst zu verhindern muss man beim Prokrastinieren einfach immer nur schön lächeln.
Achja… eigentlich will ich ja gar nichts erreichen…
Ich finde, das Prokrastinieren funktioniert besonders gut auf der Arbeit – da entpuppt sich tatsächlich die Hälfte der Aufträge als überflüssig, wenn man nur lange genug abwartet. Im privaten macht mich das Aufschieben allerdings selten glücklich…
Aber dass du nichts erreichen willst, glaube ich nicht. Wozu bloggst du denn sonst, und das auch noch so ausführlich? Antwort: Weil du (hier bitte passendes Adjektiv einfügen, schliesslich habe ich keine Ahnung) sein willst!
Ach naja, ich schreibe, weil ich daran Spaß habe, aber ich habe vorher (vor der Eröffnung des Blogs im Mai) nicht geschrieben (oder nur ganz selten) und es ging auch ohne. Und es würde auch hinterher wieder ohne gehen.